Vor der OP sagte man uns, dass wir damit rechnen sollten, dass ich von 3 Wochen bis 3 Monate, ja sogar 6 Monate im Koma liegen kann… Aber nein, mein Körper, mein Geist will das nicht. Es klappt einfach nicht das ich da ruhig schlafe :), ich bin immer wieder wach.

25. November, früh am Morgen, ich mache meine Augen auf und begrüße die Frau vom Reinigungsdienst, die gerade mein Zimmer sauber macht und schlafe wieder ein. Ich mache wieder meine Augen auf und sehe die Frau vom Reinigungsdienst noch in meinem Zimmer. Sie macht natürlich ihre Arbeit weiter, aber da wo sie schon sauber gemacht hat. Jetzt bin ich verwirrt, habe ich das geträumt und erlebe es jetzt wirklich, oder ein Deja-vu? Nein weder ein Traum noch ein Deja-vu! Um sicher zu sein frage ich die Frau „Guten Morgen, haben sie nicht vor paar Minuten die selbe Stelle sauber gemacht?“ Sie antwortet „Nein, das war gestern. Habe gerade erst angefangen.“ Bin überrascht, aus irgendeinem Grund finde ich das unangenehm. Jetzt bin ich wieder wach und ich will wach bleiben. Die Ärzte kommen, diskutieren, ich bekomme kaum was mit und gehen. Dann werde ich doch am selben Tag, nach 9 Tagen Intensivstation, am 26. November 2013 auf die Normalstation gebracht. Ich höre und sehe noch wie ein Pfleger, der mich abholt, sagt „Der schafft das doch nicht. Aber na gut, wir nehmen ihn jetzt mit und spätestens in zwei Tagen ist er wieder hier bei euch.“ Er hat das natürlich nur gut gemeint und hatte Befürchtungen, dass es zu früh ist.

Erster Tag auf Normalstation und ich wollte sehen wie ich aussehe 😉

Ich bin jetzt seit paar Tagen auf der Station und habe schon meine ersten Schritte, mit Unterstützung gemacht. Alleine schaffe ich es noch nicht, aber für heute hat man mir Versprochen, dass ich mit einem Rollstuhl, den ich als Rollator benutze, es versuchen darf. Warum Rollstuhl? Es ist einfacher und sicherer. Gewicht und Schwerpunkt mit so großen Reifen liegt zentraler auf dem Rollstuhl und ist für einen ungeübten besser als mit einem Rollator. Ich werde jetzt erst mal aus meinem Zimmer, auf dem Rollstuhl, rausgefahren. Wir wollen es im Gang ausprobieren, da ist viel mehr platz und es ist ruhiger. Mit Hilfe stehe ich auf und stell mich hinter meinem Rollstuhl. Ich bekomme eine kleine Unterweisung „Nicht nach unten schauen, sondern nach vorne und langsam, schritt für schritt vorwärts.“ Es klappt, ich mach paar schritte und ich denke „Heute wird ein schöner Tag!!! Ich gehe heute, wenn meine Verlobte da ist, mit ihr in die Cafeteria!!!“ Nach 1-2min. bin ich aber doch fertig. Ich ruhe mich kurz aus, auf meinem Rollstuhl und darf weiter machen. Jetzt, wo ich gehe, kommt mir der Pfleger entgegen der gesagt hat „Der schafft das doch nicht. Aber na gut, wir nehmen ihn jetzt mit und spätestens in zwei Tagen ist er wieder hier bei euch.“ Ich kann es mir nicht verkneifen „Grüß dich …. (Namen will ich nicht nennen), siehst du? Ich bin seit paar Tagen hier und mache schon meine ersten schritte. Nicht wie du gesagt hast, nach zwei tagen ist er wieder auf der Intensivstation.“ Er schaut mich mit staunenden Augen an… „Das hast du in der Situation mitgekriegt und kannst dich daran erinnern???“ Ich lass ihn mit offenem Mund da stehen und gehe weiter. Gegen Abend ist meine Verlobte da und wir gehen in die Cafeteria, genießen ein Kaffee und gehen wieder zurück. Später kommt noch mein Bruder mit meiner Mutter und wir gehen wieder spazieren. Ich will mich auch nicht zu stark beanspruchen, setze mich auf meinen Rollstuhl und mein Bruder fährt mich. Das werden wir die nächsten Tage so weitermachen :).

Hier spricht ihr Kapitän, wir haben Turbulenzen…

5. Dezember werde ich zur Reha nach Bad Wildungen geschickt. Hier soll ich wieder lernen auf eigenen Beinen zu stehen.

Meine Verlobte, gleich am ersten Tag, früh morgens, immer an meiner Seite, egal wie weit oder wo ich bin ?

❤️ Mit einem Haartrimmer haben wir meine Haare gekürzt. Raus gekommen ist ein Herz ☺️. Das ist es, ich habe vor der OP viel an meine Liebe gedacht und es strahlt sogar aus meinem Kopf heraus ?. Ich frage mich, wie sieht mein Gehirn jetzt aus?

10. Dezember 2013 Bad Wildungen, es ist die Nacht vom 9. auf den 10. Ich merke im Schlaf, da läuft mir was aus der Nase. Ich wache auf, mach mein Nachtlicht an, nimm ein Tuch und wische es weg und sehe es ist Blut. Es hört nicht auf, ich rufe sofort die Schwestern und eine Ärztin kommt auch. Es ist viel Blut für ein Nasenbluten, da die OP auch durch die Nase gemacht wurde ist hier sofort klar, die Wunde ist aufgegangen. Ich sage nur „Ich will nach Marburg, auch wenn Kassel näher ist, ich will nach Marburg.“ Da auch Nervenwasser/Liquor auslaufen kann ist das Risiko von Meningitis auch da. Ich halte einen Handtuch vor mir und lass es darauf tropfen bzw. fließen. In paar Minuten ist das Handtuch schon komplett Rot, eine Pfütze voll Blut. Krankenwagen steht bereit und auf geht’s. Jetzt bin ich im Krankenwagen und wir fahren nach Marburg. Ich darf nicht einschlafen. Ich werde auf einmal von einem Klaps, ok leichte Ohrfeige 😀 „Klaps hört sich an als würde man einem kleinen Kind auf den hintern einen Klaps geben“ aufgeweckt, weil ich kurz dabei war einzuschlafen. Um nicht einzuschlafen, soll ich jetzt was erzählen. Ich erzähle, das wir eigentlich unsere Hochzeit für 2014 geplant haben, aber da ist dann doch was dazwischen gekommen und wir verschieben es :D. Ich soll was anderes erzählen, was nicht melancholisch ist, keine Ahnung warum ?. Nun beschreibe von meiner Liege aus, obwohl ich nur die Dächer der Gebäude sehe an denen wir vorbei fahren und die Kurven spüre, wo wir genau sind. Ich bin die Strecke Richtung Kassel Autobahn oft gefahren, wenn ich nach Bielefeld zu meiner Schwester und Freunden wollte. Kurz vor Marburg erzähle ich von den Schwestern und Pflegern, Ärzten, Doktoren und dem Professor aus der Klinik, wie gut ich da aufgehoben bin. Wenn wir da sind, werden die es sehen wie gut die sich um mich kümmern. Endlich, wir sind da und ich werde sofort in ein Raum gebracht wo schon alles vorbereitet ist. Einige Spritzen habe ich schon bekommen, Zugänge gelegt für Infusionen und Blut bekomme ich jetzt auch „Danke an alle Blutspender„. Ich merke, „jetzt“ geht es um alles. Da kommt eine Ärztin rein die ich kenne, von der ersten Behandlung, sie legt Ihre Hand auf meine Schulter dabei sagt sie „Sie und wir, zusammen schaffen wir das. Wir bereiten jetzt alles vor.“ Jetzt geht es mir besser und die anderen die mir bekannt sind sehe ich auch schon. In paar Stunden werde ich operiert. Gegen Abend bin ich wach und nächsten Tag schon auf Station. Jetzt wieder ran an meinen Rollator und auf geht’s!!!

Serdar the White Nose Turkey… not more Red Nose